Die Bundestagswahlen rücken immer näher und die Parteien beginnen, sich auf den Wahlkampf vorzubereiten. Die SPD blüht nach langer Zeit wieder auf, sie vernimmt einen sprunghaften Mitgliederzuwachs und so hohe Umfragewerte wie seit Jahren nicht mehr. Verantwortlich ist der neue Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz. Der ehemalige EU-Parlamentspräsident stehe für ein starkes Europa, sein Motto lautet „Zeit für mehr Gerechtigkeit“. Doch was genau meint Martin Schulz mit „mehr Gerechtigkeit“?
Ein konkretes Wahlprogramm legt der 61-jährige Spitzenkandidat noch nicht vor. Mit seiner Strategie der Wortlosigkeit bietet er keine Angriffsfläche und verkörpert somit weiterhin die Hoffnungen vieler Bürger, die mit Merkels Politik nicht zufrieden sind. Einige Befürworter von Martin Schulz erhoffen sich von ihm gerade auf die Flüchtlingspolitik bezogen mehr Härte, andere wünschen sich ein freies Europa ohne Grenzen. Doch auch zu diesem Thema hat der Kandidat sich noch nicht geäußert. Hingegen kündigte Schulz an, die „Agenda 2010“ zurückzuschrauben und somit die Regeln für ältere Leute, die in Arbeitslosigkeit rutschen, zu mildern. Diese sollen die Möglichkeit bekommen, länger Arbeitslosengeld I zu beziehen. Dieses Vorhaben stößt sogar auf Kritik aus den eigenen Reihen. Der frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat gewarnt, mit einem Zurückschrauben der „Agenda 2010“ wären die Arbeitslosen nicht mehr so gefordert, sich um neue Arbeit zu bemühen – und das könne Deutschlands führende Position in Europa gefährden.
Abgesehen von der „Agenda 2010“ gibt es von dem Kanzlerkandidaten Martin Schulz keine Worte, keine Position, keine Inhalte – viele Anhänger haben eine Wunschvorstellung, wie seine Politik aussehen könnte. Dass diese Wünsche aber teils klar voneinander abweichen und sich sogar widersprechen, ist vielen nicht bewusst. Sobald die Sozialdemokraten ihr Programm für die kommenden Bundestagswahlen offen legen, wird sich zeigen, ob der „Schulz-Effekt“ anhalten wird. Bis dahin bleibt die Hoffnung vieler Bürger, Martin Schulz könne ihren Bedürfnissen gerecht werden, eine reine Wunschvorstellung.